GIBT ES IMMER MEHR VERRÜCKTE?
Kategorie: Allgemein
GIBT ES IMMER MEHR VERRÜCKTE?
Gastvor 8 Jahren
Ob Türkei, Ungarn, Polen oder auch die USA, eine neue Lust am Autoritären hat die Welt erfasst. Immer mehr verrückte Politiker werden in wichtige Ämter gebracht. Gerät die Welt aus den Fugen? Dass es mit uns allen bergab geht und die Welt eh nicht mehr zu retten ist, darauf haben wir an dieser Stelle immer wieder hingewiesen. Doch wer in diesen Tagen die Nachrichten verfolgt, dem drängt sich trotz dieser allgemeinen Erkenntnis eine beunruhigende Frage auf: Gibt es eigentlich immer mehr Verrückte?
In den USA hat ein Hassprediger Chance auf das Präsidentenamt, dessen Weltsicht selbst die Teletubbies intellektuell unterfordert. Und die Briten zeigen eine besonders schwarze Art von Humor, indem sie einen Pausenclown mit sagen wir kreativem Verhältnis zur Wahrheit zum Chefdiplomaten gemacht haben. Zugegeben: Ein gewisses Maß an Irrsinn hat es immer gegeben in Gesellschaft und Politik. Aber früher haben wir die Verrückten weder bejubelt noch in wichtige Ämter gebracht.
Nun muss man einräumen, dass nicht jeder politische Unfug mit normalem Irrsinn zu erklären ist. Oft genug handelt es sich um verblendete Skrupellosigkeit, Selbstüberschätzung oder banale Machtgier. Offensichtlich aber ist: Die Welt gerät aus den Fugen, und das ist neu das Publikum klatscht begeistert Beifall.
In der Türkei schleift ein autokratischer Narzisst die letzten Reste der Demokratie, während seine Fans Erdogan-Hymnen singen. In Ungarn schränkt Orban die Pressefreiheit ein, in Polen lässt Kaczynski den Rechtsstaat demontieren und die Mehrheit findet das prima.
Eine neue Lust am Autoritären hat die Welt erfasst von Washington bis Moskau: Schluss mit dem demokratischen einerseits-anderseits, die simple Lösung muss her, und wer das simpelste Rezept präsentiert, beweist die größte Führungskraft.
Autokrat sein macht sexy, Despoten-Kuscheln ist angesagt und hierzulande empört sich eine Gemeinde von Putin Verstehern über jede Kritik am russischen Präsidenten.
Das Wertekonzept von Freiheit und Gleichheit verliert an Strahlkraft, im Trend liegt jetzt - MÄH! - das Schafsmodell der Gesellschaft: Die glückliche Herde will geführt werden.
Und wer übernimmt die Rolle des schwarzen Schafs? Richtig, der Ausländer macht's, so sehen es jedenfalls Rechtspopulisten aus halb Europa. Sie alle versammeln sich hinter dem sogenannten Gaulandtschen Gesetz: Wir haben nichts gegen Ausländer, aber der „Neger“ soll nicht in der Nachbarschaft wohnen und wenn Sie jetzt gerade das Wort „Neger“ gelesen haben, dann war das sicher eine optische Täuschung. Oder aus dem Zusammenhang gerissen. Oder ein Konstrukt der Systempresse.
Apropos Systempresse: Auf die kann man als Rechtspopulist gut verzichten. Das bisschen Wirklichkeit, das man für seine Verschwörungstheorien braucht, kann man sich leicht selber zusammenzimmern aus den asozialen Netzwerken. Was uns zurück zur Ausgangsfrage bringt: Dass die Verrückten mehr werden, kann man jetzt als gesichert ansehen.
Dennoch muss man an die alte Therapeuten-Weisheit erinnern, die der Psychiater mit nervös zuckendem Augenlidern seinem Patienten zuraunt: Verrückt sind immer die anderen. Was Irrsinn ist und was normal, bleibt eine Frage der Perspektive - und vielleicht gilt ja, was heute noch krankhafte Spinnerei war, morgen schon als akzeptierte Normalität. Wie bei diesem berühmten Bauwerk in Pisa: Der Turm ist eindeutig gerade – nur die Welt ist schief. Verrückte Welt!
In der Glosse des Tages wird ein aktuelles Thema auf humorvoll-feuilletonistische oder auch nachdenklich-hintersinnige Art unter die Lupe genommen.
Hier ist nicht unbedingt die klare Meinungsäußerung gefragt, sondern eine feinsinnige Schreibe.
"Auf ein Wort" wird montags bis freitags um 18.25 Uhr auf NDR Info ausgestrahlt und in der Sendung Standpunkte um 20.50 Uhr wiederholt. Eine Glosse von Marcel Güsken.
In den USA hat ein Hassprediger Chance auf das Präsidentenamt, dessen Weltsicht selbst die Teletubbies intellektuell unterfordert. Und die Briten zeigen eine besonders schwarze Art von Humor, indem sie einen Pausenclown mit sagen wir kreativem Verhältnis zur Wahrheit zum Chefdiplomaten gemacht haben. Zugegeben: Ein gewisses Maß an Irrsinn hat es immer gegeben in Gesellschaft und Politik. Aber früher haben wir die Verrückten weder bejubelt noch in wichtige Ämter gebracht.
Nun muss man einräumen, dass nicht jeder politische Unfug mit normalem Irrsinn zu erklären ist. Oft genug handelt es sich um verblendete Skrupellosigkeit, Selbstüberschätzung oder banale Machtgier. Offensichtlich aber ist: Die Welt gerät aus den Fugen, und das ist neu das Publikum klatscht begeistert Beifall.
In der Türkei schleift ein autokratischer Narzisst die letzten Reste der Demokratie, während seine Fans Erdogan-Hymnen singen. In Ungarn schränkt Orban die Pressefreiheit ein, in Polen lässt Kaczynski den Rechtsstaat demontieren und die Mehrheit findet das prima.
Eine neue Lust am Autoritären hat die Welt erfasst von Washington bis Moskau: Schluss mit dem demokratischen einerseits-anderseits, die simple Lösung muss her, und wer das simpelste Rezept präsentiert, beweist die größte Führungskraft.
Autokrat sein macht sexy, Despoten-Kuscheln ist angesagt und hierzulande empört sich eine Gemeinde von Putin Verstehern über jede Kritik am russischen Präsidenten.
Das Wertekonzept von Freiheit und Gleichheit verliert an Strahlkraft, im Trend liegt jetzt - MÄH! - das Schafsmodell der Gesellschaft: Die glückliche Herde will geführt werden.
Und wer übernimmt die Rolle des schwarzen Schafs? Richtig, der Ausländer macht's, so sehen es jedenfalls Rechtspopulisten aus halb Europa. Sie alle versammeln sich hinter dem sogenannten Gaulandtschen Gesetz: Wir haben nichts gegen Ausländer, aber der „Neger“ soll nicht in der Nachbarschaft wohnen und wenn Sie jetzt gerade das Wort „Neger“ gelesen haben, dann war das sicher eine optische Täuschung. Oder aus dem Zusammenhang gerissen. Oder ein Konstrukt der Systempresse.
Apropos Systempresse: Auf die kann man als Rechtspopulist gut verzichten. Das bisschen Wirklichkeit, das man für seine Verschwörungstheorien braucht, kann man sich leicht selber zusammenzimmern aus den asozialen Netzwerken. Was uns zurück zur Ausgangsfrage bringt: Dass die Verrückten mehr werden, kann man jetzt als gesichert ansehen.
Dennoch muss man an die alte Therapeuten-Weisheit erinnern, die der Psychiater mit nervös zuckendem Augenlidern seinem Patienten zuraunt: Verrückt sind immer die anderen. Was Irrsinn ist und was normal, bleibt eine Frage der Perspektive - und vielleicht gilt ja, was heute noch krankhafte Spinnerei war, morgen schon als akzeptierte Normalität. Wie bei diesem berühmten Bauwerk in Pisa: Der Turm ist eindeutig gerade – nur die Welt ist schief. Verrückte Welt!
In der Glosse des Tages wird ein aktuelles Thema auf humorvoll-feuilletonistische oder auch nachdenklich-hintersinnige Art unter die Lupe genommen.
Hier ist nicht unbedingt die klare Meinungsäußerung gefragt, sondern eine feinsinnige Schreibe.
"Auf ein Wort" wird montags bis freitags um 18.25 Uhr auf NDR Info ausgestrahlt und in der Sendung Standpunkte um 20.50 Uhr wiederholt. Eine Glosse von Marcel Güsken.
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